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Helden überleben. Für dieses Gesetz stand natürlich auch John Wayne, der wie kein anderer den Western Hollywoods prägte. Nur in einem Film, den er nicht nur produzierte, sondern bei dem er sogar Regie führte, ritt er am Ende nicht einigermaßen lebendig in den Sonnenuntergang. Der Film hieß „Alamo“ (1960). Obwohl dessen Helden am Ende alle einen gewaltsamen Tod gestorben waren, konnte Wayne seiner Vision von einem guten Amerikaner damit ein Denkmal setzen: Er gab sein Leben im Kampf für die Freiheit.
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Dass der Duke „Alamo“ nicht überleben durfte, hing allerdings auch mit der Geschichte zusammen. Denn wie den Spartanern in den Thermopylen 480 v. Chr. wuchs den Männern im texanischen Fort Alamo ihr Mythos durch den Umstand zu, dass sie ihren Kampf nicht überlebten. Damit wurden sie zu Symbolen des texanischen Freiheitswillens und Amerikas überhaupt. 2015 wurde die ehemalige Missionsstation The Alamo denn auch in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen.
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Mit der katastrophalen Niederlage der Spartaner gegen das Heer des Persischen Weltreichs hat der Kampf um Alamo auch gemein, dass er militärisch einigermaßen sinnlos war. Die Station blockierte keine strategisch wichtige Route, noch verschob die dreizehntägige Belagerung das Kräfteverhältnis im Krieg zwischen Mexiko und Texas nachhaltig. Aber Alamo gab diesem merkwürdigen Ringen einen Sinn.
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1821 hatte das Vizekönigreich Neuspanien seine Unabhängigkeit von Madrid erreicht. Der neue Staat, der sich mal als Kaiserreich, mal als Republik oder Diktatur zu organisieren suchte, war fast doppelt so groß wie heute, gehörten doch weite Teile der heutigen USA dazu. Doch die riesigen Räume nördlich des Rio Grande waren nur äußerst dünn besiedelt, zumal von indigenen Völkern, sodass die Regierung in Mexiko Stadt um Siedler warb.
„Die Rinder sind fetter, die Zuckerrohre höher, und die Baumwolle ist feiner als in irgendeiner Region Amerikas“ – dieser Verlockung konnten viele Bürger der noch wesentlich weiter östlich liegenden Vereinigten Staaten von Amerika nicht widerstehen. Sie zogen nach Tejas, wie Texas damals hieß. Stephen Austin aus Missouri hatte mit den Behörden eine Siedlerkonzession ausgehandelt, die attraktive Bedingungen vorsah. Die Immigranten bekamen 16 Quadratkilometer Land, mussten zum Katholizismus konvertieren (was vielen leichtfiel) und durften keine Sklaven halten (woran sich wenige hielten). 1830 war die Gemeinde der Americanos auf rund 20.000 angewachsen.
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Da die US-Präsidenten John Quincy Adams und Andrew Jackson 1827 und 1829 wegen des Kaufs von Texas in Mexiko vorstellig geworden waren, wurde dort der ständige Zustrom von weißen Siedlern zunehmend kritisch beäugt. Man vermutete eine schleichende Übernahme. 1833 gelangte mit Antonio López de Santa Anna in Mexiko Stadt ein General an die Macht, der das Problem auf seine Weise zu lösen gedachte. Er erklärte seine Präsidentschaft zur Diktatur und ging daran, dem Land einen autoritären Zentralismus zu verpassen. Dazu gehörte auch die Auflösung lokaler Milizen.
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Die Brutalität, mit der Santa Anna gegen Aufständische vorging, ließ es den Texaner geraten erscheinen, ihre Milizen beizubehalten und stattdessen gegen die kleinen mexikanischen Garnisonen in der Region vorzugehen. Die Führung übernahm zunächst Stephen Austin. Ihm folgte bald Sam Houston nach, Ex-Gouverneur des US-Bundesstaates Tennessee. Nachdem die Texaner mehrere Gefechte gewonnen hatten, zog der mexikanische Präsident 1835 rund 7000 Mann zusammen und begann mitten im Winter den Marsch nach Norden. Er wollte ein Exempel statuieren.
Alamo unweit der neuen texanischen Hauptstadt San Antonio war eine halb verfallene Missionsstation, die von 80 Mann unter James C. Neill gehalten wurde. Verstärkung erhielt er von einer kleinen Truppe um den bekannten Trapper James Bowie, der nicht umsonst dem berüchtigten Messer seinen Namen gab. Anfang Februar stieß auch der Anwalt William Travis dazu, der seine Familie in South Carolina verlassen hatte, um im Westen sein Glück zu machen. Davy Crockett aus Tennessee, der sich als Indianerkämpfer und Politiker einen Namen gemacht hatte, vervollständigte die Kommandantur. (In seinem Film wählte sich John Wayne Crockett zum Alter Ego.)
Während sich Neill aus dem Staub machte, organisierten die drei die Verteidigung. Die Mauern wurden mit Säcken verstärkt, für die einzige Kanone trug man improvisierte Munition aus Hufeisen und Schrott zusammen, in der massiven Kirche entstand eine Rückzugsmöglichkeit für Frauen und Kinder. Wie groß die Garnison schließlich war, ist nicht ganz klar. Knapp 200, vielleicht auch 250 Texaner und amerikanische Freiwillige übernahmen es schließlich, das Fort gegen die 7000 Mann Santa Annas zu verteidigen.
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Die schlossen am 23. Februar 1836 Alamo ein. Mit ihren wenigen Geschützen versuchten die Mexikaner, Breschen in die Mauern zu schlagen. Für die Morgenstunden des 6. März setzte der General schließlich den Sturmangriff fest. Berühmt wurde das Hornsignal „El Deguëllo“, der Befehl der „Durchgeschnittenen Kehle“, der keine Gnade versprach. (In dem Western „Rio Bravo“ von 1959, in dem John Wayne ebenfalls die Hauptrolle spielt, lässt Regisseur Howard Hawks die Melodie zum Showdown ertönen.) Dann begann der Angriff von 1800 Mexikanern.
Eineinhalb Stunden soll das Morden gedauert haben. Da die Übermacht ihnen keine Zeit ließ, die Vorderladergewehre zu munitionieren, wurden die Texaner im Nahkampf schier erdrückt. Die letzten Verteidiger sollen in der Kirche ihr Leben gelassen haben. Während die überlebenden Frauen und Kinder verschont wurden, ließ Santa Anna die Verwundeten mit dem Bajonett hinmetzeln. Die wenigen Gefangenen wurden erschossen. Auch mehrere Hundert Mexikaner, manche Schätzungen nennen die Zahl 600, sollen gefallen sein.
Anschließend trieb Santa Anna seine Leute zur Verfolgung Houstons und dessen Armee. Die Strategie der verbrannten Erde, die der Mexikaner dabei praktizierte, stärkte den Widerstandswillen der Texaner. Obwohl nur 800 Mann stark, wagten diese am 21. April am San Jacinto River den Angriff auf Santa Annas doppelt so großes Korps. Mit dem Ruf „Remember the Alamo!“ zersprengten sie binnen weniger Minuten die feindliche Truppe und nahmen den Präsidenten gefangen. Der erkannte notgedrungen die Unabhängigkeit der Republik Texas an.
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Doch die war den Texanern weniger wichtig als die Sicherheit vor neuen Invasionen aus dem Süden. Sie votierten für die Aufnahme in die Vereinigten Staaten, die das Land im Februar 1845 schließlich annektierten. Der Mexikanisch-Amerikanische Krieg, der darüber ausbrach, endete 1848 mit einem Sieg der USA.
Im Frieden von Guadalupe Hidalgo musste Mexiko auf etwa die Hälfte seines Staatsgebiets verzichten. Auf dem breiteten sich später die US-Bundesstaaten Kalifornien, Arizona, New Mexico, Utah, Nevada sowie Teile von Colorado und Wyoming aus. Im Gegenzug zahlten die USA 15 Millionen Dollar und übernahmen Mexikos Schulden bei US-Bürgern (3,25 Millionen), nach ökonomischem Wert heute rund 40 Milliarden Dollar.
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